Es tröpfelt an der Steinberggasse, der halbnasse Asphalt lädt nicht wie üblich zum Sitzen und sich ausbreiten ein, der Himmel ist hellgrau an diesem Mai-Nachmittag. Die Laufkundschaft bleibt heute wohl fern, aber Stéphanie Brand-Lippus lacht sanft: «Ich habe nun Zeit für die Buchhaltung!», sagt die Dame. Sie führt den Laden «Pain et Fromage» an der Steinberggasse 35 seit September 2012. Wer «Pain et Fromage» betritt, fühlt sich sofort an einen anderen Ort versetzt: das hölzerne Interieur und die Produktbezeichnungen auf Französisch verleihen einem ein erfrischendes Feriengefühl, als wäre man nicht mehr im Zentrum von Winterthur, sondern in einem kleinen französischen Dorfladen in der Idylle.
Exotischer Käse
Das hat auch mit der Inhaberin, Stéphanie Brand-Lippus, zu tun. «Ich bin moitié-moitié», sagt die Schweizerin mit französischen Wurzeln. Mit einem charmanten französischen Akzent begrüsst sie seit Jahren Winterthurerinnen und Winterthurer in ihrem heimeligen Laden. Die Gastfreundschaft kommt nicht von ungefähr; Brand-Lippus hat eine Hotelfachschule-Ausbildung in Frankreich und Lausanne absolviert. Vor zehn Jahren spielte sie mit dem Gedanken, beruflich einen anderen Weg einzuschlagen.
Kurz darauf entdeckte sie ein Inserat in einer Zeitung. Zu dieser Zeit war «Pain et Fromage» bereits sechsjährig und die damalige Inhaberin verkaufsfreudig. Diese wollte den Laden zwar nicht mehr führen, aber beharrte auf sein Überleben: «Man durfte diesen Laden nicht in einen Coiffeur-Salon oder in ein Blumengeschäft verwandeln» sagt Brand-Lippus. «Im Vertrag stand ausdrücklich, dass man «Pain et Fromage» weiterführen musste». Alles sei gleich geblieben – auch die Produkteure und Lieferanten, die das breite Angebot an saisonalem Käse, Wein, Brot und Delikatessen von «Pain et Fromage» bereichern.
Aber ist es sinnvoll, ausländischer Käse ausgerechnet in der Schweiz zu verkaufen? «Die Kunden kommen, weil meine Käsesorten exotisch sind», verteidigt Brand-Lippus. «Die Qualität ist gut und das Angebot breit: weicher, harter, milder Käse von Kühen, Schafen und Ziegen.» Schweizer Produkte habe sie auch im Sortiment, unter anderem ein Alpenbrot mit Haselnüssen und Trauben und ihr hausgemachtes Früchtenbrot.
Zuhause in der Altstadt
«Ich mag die Atmosphäre hier in der Altstadt. Als ich den Laden übernahm, war die Kommunikation mit den Kunden wegen der Sprache schwierig. Aber alle waren sehr freundlich zu mir, die Nachbarn auch.», sagt Brand-Lippus. Aus Kunden wurden Freunde, die manchmal nur für einen Schwatz vorbeikommen. «Ich bin zufrieden», bilanziert sie. «Die Käse sind super gut und die Kunden auch», sagt Brand-Lippus und lacht. Welches Produkt sie am Liebsten habe? « Ich probiere und esse alles gern», sagt die Dame. «Ich bin Gourmande!»
Text: Clara dos Santos Buser / claraskugi.ch
7. Juni 2021